Die Baukrise in Deutschland, manifestiert durch die deutlich geringere Anzahl neu entstehender Wohnungen im Vergleich zu den angestrebten 400.000 pro Jahr, wurde intensiv auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel diskutiert. Bundesbauministerin Klara Geywitz und Branchenexperten wie Vonovia-CEO Rolf Buch tauschten ihre Ansichten und Lösungsansätze aus, um die Herausforderungen im Wohnungsbau zu adressieren.
Hauptprobleme und deren Ursachen
1. Hohe Bau- und Finanzierungskosten:
– Aktuelle Baukosten liegen bei etwa 4200 Euro pro Quadratmeter, was 35-40% höher ist als in Frankreich und Österreich.
– Die Finanzierungskosten sind aufgrund der Zinspolitik der EZB gestiegen, was die Rentabilität neuer Bauprojekte beeinträchtigt.
2. Regulatorische Herausforderungen:
– Zahlreiche DIN-Standards und Bauvorschriften erhöhen die Kosten und Komplexität von Bauprojekten.
– Unterschiedliche Bauvorschriften auf EU- und Länderebene führen zu zusätzlichen Komplikationen und Kosten.
3. Grunderwerbsteuer:
– Variierende Steuersätze in den Bundesländern erhöhen die finanziellen Hürden für den Immobilienerwerb.
4. Digitalisierungsdefizite:
– Bauämter und Planungsprozesse sind oft nicht ausreichend digitalisiert, was zu Verzögerungen und Ineffizienzen führt.
5. Gesellschaftliche Veränderungen:
– Die steigende Beliebtheit von Homeoffice erfordert neue Wohn- und Arbeitsmodelle.
Lösungsansätze und Maßnahmen
1. Senkung der Baukosten:
– Reduktion der Standards: Einführung eines Gesetzespakets, das Bauherren rechtliche Sicherheit bietet, auch bei Verzicht auf nicht sicherheitsrelevante DIN-Standards.
– Material- und Bauweise-Optimierungen: Einsatz kostengünstigerer Baumaterialien und effizienter Bauverfahren.
2. Förderung durch staatliche Unterstützung:
– Sozialer Wohnungsbau: Erhöhung der staatlichen Mittel für den Bau von Wohnungen mit erschwinglichen Mieten.
– Grunderwerbsteuer-Senkung: Einheitliche Senkung der Grunderwerbsteuer auf den ursprünglichen Satz von 3,5% in allen Bundesländern.
3. Digitalisierung des Bauwesens:
– Digitale Zwillinge: Einführung von digitalen Zwillingen für Gebäude, um Baupläne und technische Daten effizient zu verwalten und für Handwerker zugänglich zu machen.
– Digitalisierung der Bauämter: Bereitstellung staatlicher Hilfen für den digitalen Umbau der Bauämter und verbindliche Vorschriften für die digitale Datenhaltung.
4. Neue Wohn- und Arbeitsmodelle:
– Co-Working-Spaces: Integration von Co-Working-Spaces in Wohnanlagen, um den Bedürfnissen von Homeoffice-Nutzern gerecht zu werden.
– Umnutzung von Gewerbeimmobilien: Prüfung der wirtschaftlichen und regulatorischen Machbarkeit der Umnutzung von leerstehenden Gewerbeimmobilien zu Wohnzwecken.
Fazit:
Die Überwindung der Baukrise in Deutschland erfordert eine Kombination aus regulatorischen Anpassungen, staatlicher Unterstützung, technischer Innovation und gesellschaftlicher Anpassung. Durch die Senkung der Baukosten, die Förderung der Digitalisierung und die Einführung neuer Wohn- und Arbeitskonzepte kann die Baubranche wiederbelebt und die Schaffung von Wohnraum vorangetrieben werden. Die Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist dabei entscheidend, um die gesteckten Ziele zu erreichen und die Wohnungsnot in Deutschland nachhaltig zu lindern.
